Rechtsprechung
LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08 |
Volltextveröffentlichungen (3)
- openjur.de
- Wolters Kluwer(Abodienst, Leitsatz/Tenor frei)
Beleidigung durch die Meinungsäußerung einer Partei in einem Zivilprozess zum Intelligenzquotienten der Richterin als "nur" durchschnittlich; Gesteigerter Ehrschutz für Beamte oder sonst im öffentlichen Dienst beschäftigte Personen gegenüber der durchschnittlichen ...
- juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)
Verfahrensgang
- AG Cottbus, 13.10.2008 - 86 Cs 246/07
- LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08
Wird zitiert von ... Neu Zitiert selbst (8)
- BVerfG, 05.12.2008 - 1 BvR 1318/07
Bezeichnung eines Stadtrats als "Dummschwätzer"
Auszug aus LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08
In einer neuen - allerdings auch nach Auffassung der Kammer sehr weitgehenden - Entscheidung hat das BVerfG (1 BvR 1318/07) am 05.12.2008 einstimmig beschlossen, dass selbst die Bezeichnung "Dummschwätzer" nicht notwendig den Tatbestand der Beleidigung erfüllt, sondern nach § 193 StGB gerechtfertigt sein kann, wenn nicht die notwendige kontextorientierte Analyse der Aussage ergibt, dass im Einzelfall in der Güterabwägung zwischen Meinungsfreiheit und Ehre dem Ehrenschutz der Vorrang gebührt.Unabhängig davon könne eine Aussage nur dann als Schmähkritik gewertet werden, "wenn es sich um eine Äußerung handelt, deren diffamierender Gehalt so erheblich ist, dass sie in jedem denkbaren Zusammenhang als bloße Herabsetzung des Betroffenen erscheint" und daher kontextunabhängig stets als persönlich diffamierende Schmähung aufgefasst werden muss, "wie dies möglicherweise bei der Verwendung besonders schwerwiegender Schimpfwörter - etwa aus dem Bereich der Fäkalsprache - der Fall sein kann (BVerfG 1 BvR 1318/07 v. 05.12.2008, Zit. nach juris, Rz. 16).
- BVerfG, 26.06.1990 - 1 BvR 1165/89
Postmortale Schmähkritik
Auszug aus LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08
Es ist anerkannt, dass eine herabsetzende Äußerung erst dann den Charakter einer Schmähung annimmt, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (BVerfG, Beschluss 1 BVr 1165/89 vom 26.06.1990; BVerfGE 82, 272 (284); BVerfG, Beschluss 1 BVr 1917/04 vom 23.08.2005). - BVerfG, 19.04.1990 - 1 BvR 40/86
Meinungsfreiheit und Ehrenschutz - Franz Josef Strauß
Auszug aus LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08
Insoweit kann auch eine solche Äußerung schon objektiv nicht als Beleidigung gewertet werden, zumal es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht, dass von mehreren möglichen Interpretationen nicht zu Lasten des Angeklagten diejenige gewählt werden darf, die zu einer Strafbarkeit führt, wenn auch eine Auslegung möglich ist, die zu einer Straflosigkeit des Angeklagten führt: Entscheidet ein Gericht unter mehreren möglichen Deutungen einer Äußerung sich für eine dem Äußerndem zum Nachteil gereichten Auslegung, ohne die anderen in Betracht kommenden Auslegungen unter Angabe überzeugender Gründe auszuschließen, so wird durch diese Vorgehensweise die Freiheit der Meinungsäußerung verkannt (BVerfG, Beschluss 1 BVr 40/86 vom 19.04.1990; BVerfGE 82, 43 ff (51); BVerfG, Beschluss 1 BVr 126/91 vom 14.07.1993).
- BVerfG, 16.03.1999 - 1 BvR 734/98
Verletzung von GG Art 5 Abs 1 S 1 durch strafgerichtliche Verurteilung eines …
Auszug aus LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08
Seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts BVerfG, StV 2000, 414 f m.w.N. ist anerkannt, dass die Meinungsfreiheit grundsätzlich dem Persönlichkeitsschutz vorgeht, zumal bei einer Abwägung zugunsten eines Rechtsanwalts ins Gewicht fällt, dass dieser "im Kampf ums Recht" auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte zur Unterstreichung seiner Rechtsposition gebrauchen darf (…BVerfG a.a.O.). - BVerfG, 23.08.2005 - 1 BvR 1917/04
Verletzung des Grundrechts aus GG Art 5 Abs 1 S 1 durch strafrechtliche …
Auszug aus LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08
Es ist anerkannt, dass eine herabsetzende Äußerung erst dann den Charakter einer Schmähung annimmt, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (BVerfG, Beschluss 1 BVr 1165/89 vom 26.06.1990; BVerfGE 82, 272 (284); BVerfG, Beschluss 1 BVr 1917/04 vom 23.08.2005). - BVerfG, 14.07.1993 - 1 BvR 126/91
Meinungsfreiheit und Sachlichkeitsgebot des Rechtsanwalts
Auszug aus LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08
Insoweit kann auch eine solche Äußerung schon objektiv nicht als Beleidigung gewertet werden, zumal es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht, dass von mehreren möglichen Interpretationen nicht zu Lasten des Angeklagten diejenige gewählt werden darf, die zu einer Strafbarkeit führt, wenn auch eine Auslegung möglich ist, die zu einer Straflosigkeit des Angeklagten führt: Entscheidet ein Gericht unter mehreren möglichen Deutungen einer Äußerung sich für eine dem Äußerndem zum Nachteil gereichten Auslegung, ohne die anderen in Betracht kommenden Auslegungen unter Angabe überzeugender Gründe auszuschließen, so wird durch diese Vorgehensweise die Freiheit der Meinungsäußerung verkannt (BVerfG, Beschluss 1 BVr 40/86 vom 19.04.1990; BVerfGE 82, 43 ff (51); BVerfG, Beschluss 1 BVr 126/91 vom 14.07.1993). - OLG Köln, 20.02.1979 - 1 Ss 69/79
Auszug aus LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08
Auch das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass übertreibende Bewertungen des Gläubigerverhaltens wie "Wucher" oder "erpressen" in einem Anwaltsschriftsatz noch durch Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt sein können (OLG Köln, 1. Strafsenat, Urteil vom 20.02.1979 1 Ss 69/79). - KG, 20.09.1996 - 1 Ss 204/95
Auszug aus LG Cottbus, 27.01.2009 - 25 Ns 278/08
Das Kammergericht hat entschieden, dass die Äußerung eines Anwalts "die Justiz kann sich nach Auffassung des Unterzeichneten weder Richter leisten, welche zu dumm sind, noch solche, welche absichtlich Fehlurteile produzieren..." als von § 193 StGB gedeckt betrachtet (KG Berlin, 5. Strafsenat, 1 Ss 204/95, Beschluss vom 20.09.1996).
- LG Cottbus, 25.06.2009 - 24 Qs 104/09 Hinzu kommt, dass es für Beamte oder in einem beamtenähnlichen Verhältnis wie Richter stehende im öffentlichen Dienst beschäftigte Personen keinen gesteigerten Ehrenschutz gegenüber der durchschnittlichen Bevölkerung gibt, worauf die 5. Strafkammer des Landgerichts Cottbus in ihrem Urteil vom 27.01.2009 - 25 Ns 278/08 - zutreffend hingewiesen hat.